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22.12.2018

Stellungnahme der SLV NRW zur Initiative des Ministeriums für Schule und Bildung NRW zur Qualitätssteigerung des Gemeinsamen Lernens an allgemeinbildenden Schulen

Foto: Unsplash / AbsolutVision (@freegraphictoday)

Die Schulleitungsvereinigung NRW (SLV NRW e.V) begrüßt grundsätzlich den Schritt des Ministeriums für Schule und Bildung, eine spürbare Qualitätssteigerung der Angebote des Gemeinsamen Lernens an allgemeinbildenden Schulen zu erreichen.
Das MSB sieht es als erforderlich an, die vorhandenen Ressourcen gezielt einzusetzen.
Die Schritte, die das MSB daraus ableitet, können kritisch hinterfragt werden:

SLV NRW meint:

Inklusion ist ein Menschenrecht (siehe UN-Behindertenrechtskonvention)
Im Artikel 24 der UN-Behindertenkonvention garantieren die Vertragsstaaten “ein integratives Bildungssystem auf allen Ebenen und lebenslanges Lernen”. Der Normalfall soll danach sein, dass Kinder “nicht aufgrund von Behinderung vom unentgeltlichen und obligatorischen Grundschulunterricht oder vom Besuch weiterführender Schulen ausgeschlossen werden” (Artikel 24 Abs.2 a). Das allgemeine Bildungssystem soll jedem zugänglich sein. Ziel ist also der gemeinsame Schulbesuch von behinderten und nicht behinderten Kindern in einer Regelschule als “Normalfall” — Die gemeinsame Beschuung soll keine Ausnahme sein.

Gerade diese Zielsetzung erreicht das MSB durch die Neuausrichtung leider nicht.
Die vom MSB vorgesehene Stärkung der Förderschulen ist im Sinne einer menschenrechtskonformen Inklusion wenig zielführend.

SLV NRW hinterfragt kritisch, ob die Ressourcenverschiebung in Richtung Förderschulen dem Menschenrecht auf Inklusion gerecht wird!!!???
Diese Ressourcenverschiebungen (Sonderpädagogische Lehrkräfte zurück an die Förderschulen) stärkt das Separationssystem und widerspricht dem Inklusionsgedanken.
Auch die Forderung an Gymnasien ausschließlich Schülerinnen und Schüler mit zielgleichen sonderpädagogischen Förderbedarfen zu unterrichten widerspricht dem Inklusionsgedanken.

Eine „Ersatzlösung“ für Schulen im gemeinsamen Lernen durch den Einsatz von Schulbegleitern (Integrationshelfern) widerspricht der Forderung nach Qualität.
Schulbegleiter/-innen und Integrationshelfer/-innen sind sehr oft ungelernte Kräfte oder haben eine Kinderpflege-Ausbildung oder Ähnliches.
Die notwendige Expertise der Sonderpädagogischen Lehrkräfte im gemeinsamen Lernen kann nicht durch Pflegekräfte ersetzt werden!

SLV NRW sieht darin eine Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen.

Die SLV postuliert mit Nachdruck, dass es um eine kriteriengeleitete Umsetzung (Qualitätsstandards) der Inklusion gehen muss.

Daher empfiehlt SLV NRW e.V. bei der Erarbeitung von Qualitätsstandards relevante Akteure in einen zielführenden Dialog zu bringen, um eine sichere Rückkopplung mit der Basis zu gewährleisten.

 

Um das Menschenrecht Inklusion wirklich umzusetzen, bedarf es einer grundlegenden systemischen Veränderung des Schulsystems.
Gute Beispiele findet man dazu sowohl in nordischen europäischen Ländern als auch in Südtirol.

Im OECD Bildungsbericht 2018 wird deutlich, dass ein wesentlicher Schwerpunkt der Bildungspolitik die Chancengerechtigkeit im Bildungssystem sein muss.

Nach wie vor wird den Bildungssystemen in Deutschland eine hohe Ungerechtigkeit im Sinne der Chancengleichheit bescheinigt.

 

Die SLV NRW e.V. wertet daher die Neuausrichtung des MSB NRW im Bereich der Inklusion als Unterstützungsmaßnahme des separierenden Schulsystems.

Das geht nicht mit der UN-Konvention und der geforderten Bildungsgerechtigkeit einher.
Die SLV NRW – wie auch andere Akteure im Bildungssystem- kann sich nicht des Eindrucks erwehren, dass die Praxis der Inklusion lediglich das Feigenblatt ist, mit dem die fehlenden Ressourcen in Verbindung mit einer eingeschränkten Bereitschaft Inklusion sinngerecht umzusetzen, verdeckt werden sollen.

Inklusion erfordert Haltung. Eine gemeinsame, dem Inklusionsgedanken der UN-Resolution verpflichtende Haltung aller Menschen, die in Bildungssystemen arbeiten und die politisch für Bildungssysteme verantwortlich sind.

SLV NRW e.V. fordert eine positive Haltung zur Umsetzung des Menschenrechts Inklusion. Inklusion im Sinne von Bildungsgerechtigkeit für alle!

 

Schulleitungen im Lande NRW benötigen klare Haltungen seitens des MSB.
Schulleitungen im Land NRW benötigen personelle und sächliche Ressourcen, um das Menschenrecht auf Inklusion und Bildung qualitativ sinnvoll in ihren Kollegien und in den Schulen des Landes NRW umzusetzen.

 

SLV NRW e.V., den 10. November 2018