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13.02.2019

"Demonstrationsrecht entbindet nicht von der Schulpflicht"

Foto: Unsplash / Tobias (@tbshg)

Mit einer KMK Feststellung von 1973 reagiert der hessische Kultusminister auf die Aktionen von Schülerinnen und Schülern, die Ihre Zukunft zu Recht existenziell gefährdet sehen, und zwar durch die Generation Erwachsener, die dies zu verantworten hat.

Die aktuellen politischen Entscheidungen zeigen, dass der Protest der Jugend mehr als berechtigt ist. Was sollen sie tun? Weiter alles hinnehmen oder sich für die Rettung der Welt und Ihre eigene Zukunft zu engagieren? Das ist gelebte Demokratie und praktische politische Bildung. Politikunterricht hat nur einen geringen Stellenwert in den Schulen. Umso erfreulicher ist das Engagement vieler Jugendlicher, auch in unserem Land. Unterbinden und der Schüleraktion die Stärke nehmen, notfalls sanktionieren – mehr steht nach diesem Bericht wohl nicht im politischen Repertoire zur Verfügung. Politik fühlt sich vom konkreten Anliegen der jungen Generation und der Dringlichkeit des Handlungsbedarfs nicht ernsthaft angesprochen: es geht ihr darum die Jugendlichen von der Straße weg zu bekommen, notfalls auch mit Druck. Richten sollen es mal wieder die Schulleitungen und Kollegien als ausführendes Organ für Sanktionen der Kultusbürokratie. Das von uns erwartete Fingerspitzengefühl hätte Herrn Lorz gut zu Gesicht gestanden.  So schafft man Untertanen und nicht mündige Bürger für unsere ohnehin bedrohte Demokratie.

Dr. Burkhard Mielke

Pressemeldung:

Demonstrationsrecht entbindet nicht von der Schulpflicht

Hessens Kultusminister Lorz: „Das Engagement der Schüler für den Klimaschutz rechtfertigt nicht das Fernbleiben vom Unterricht.“ 
07.02.2019  Hessen  Pressemeldung  Hessisches Kultusministerium

„Das Engagement der Schüler für den Klimaschutz rechtfertigt nicht das Fernbleiben vom Unterricht“, erklärte Kultusminister Prof. Dr. R. Alexander Lorz heute im Hessischen Landtag anlässlich einer aktuellen Stunde zu den freitäglichen Schülerdemonstrationen. Er habe großen Respekt vor dem politischen Engagement von Schülerinnen und Schülern. Und sicherlich hätten die Demonstrationen „Fridays for future“ und die Tatsache, dass diese während der Unterrichtszeit stattfanden, eine große und vielleicht genau deshalb größere mediale Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Insofern können wir feststellen: „Ziel erreicht!“ Doch dabei handele es sich um einen kalkulierten Regelverstoß, dessen Konsequenzen auch zu tragen seien. 

„Denn auch und gerade in einem demokratischen Gemeinwesen gelten Regeln“, so Lorz. „Und eine der Regeln für Kinder und Jugendliche zwischen 6 und 18 Jahren ist in Deutschland die Schulpflicht.“ In Hessen regele dies Art. 56 Abs. 1 der Hessischen Verfassung („Es besteht allgemeine Schulpflicht.“) in Verbindung mit § 69 Abs. 4 Hessisches Schulgesetz: „Die Schülerinnen und Schüler sind insbesondere verpflichtet, regelmäßig am Unterricht und den pflichtmäßigen Schulveranstaltungen (…) teilzunehmen (…).“ Darüber hinaus habe die Kultusministerkonferenz bereits 1973 festgestellt: „Die Teilnahme an Demonstrationen rechtfertigt nicht das Fernbleiben vom Unterricht oder eine sonstige Beeinträchtigung des Unterrichts. Das Demonstrationsrecht kann in der unterrichtsfreien Zeit ausgeübt werden.“ Insofern sei die Sache klar und es gebe auch kein Vertun, erklärte der Kultusminister. Und dies gelte unabhängig vom konkreten politischen Anliegen. 

Heute sei der Demonstrationsgrund vielleicht ein gesellschaftlich mit hoher Zustimmung verbundenes Anliegen – morgen könne es aber schon ganz andere Gründe dafür geben, warum Schüler auf die Straße gehen. Und wer wolle dann über die Legitimität entscheiden? Der Grund für eine Demonstration darf nicht darüber entscheiden, ob die Teilnahme zulässig ist oder nicht. Deshalb sollten künftige Versammlungen außerhalb der Unterrichtszeit stattfinden. „An Nachmittagen, Wochenenden und in den Ferien ist ausreichend Gelegenheit zu demonstrieren oder sich anderweitig politisch zu betätigen. Und während des Unterrichts besteht für Schüler und Lehrkräfte Gelegenheit, aktuelle politische Debatten zu thematisieren, zu diskutieren und Kontroversen aufzuzeigen“, so Lorz. „Für mich ist das der Weg, den wir jetzt gemeinsam einschlagen müssen. Als Staat müssen und werden wir auf die Einhaltung der Schulpflicht achten. Und auch die Eltern tragen hier Verantwortung für ihre Kinder.“ 

Gleichzeitig plädierte Lorz für eine Portion Gelassenheit. Er vertraue voll und ganz auf die pädagogische Erfahrung der Schulleitungen und Lehrkräfte, mit Fingerspitzengefühl zu reagieren. Die Schülerinnen und Schüler müssten nicht sofort mit der ganzen Härte aller Sanktionen rechnen.